(De)eskalationsstufen: Kein Hund beisst ohne Vorwarnung
Hundesprache, Konfliktmanagement, Tipps - news 12/01/21
- Er tut nix und plötzlich hat er doch gebissen. Warum?
- Grundsätzlich sind Hunde Meister im Vermeiden von Konflikten.
- Bevor es kracht, zeigen sie meist zahlreiche Beschwichtigungssignale
- Die Hundesprache wird weltweit gesprochen und ist klar und deutlich.
- Woran Sie schon früh erkennen können, dass eine Begegnung nicht friedlich verlaufen wird.
- Wie Sie Ihren Hund unterstützen können, schwierigen Situationen aus dem Weg zu gehen.
- Tipp: beobachten Sie Hunde in der Hundezone. Sie werden überrascht sein, wie viele Beschwichtigungssignale (Calming Signals) unsere Vierbeiner zeigen.
Jeder Hund ist anders, wenn der eine noch ruhig bleibt ist der andere schon nervös. Das Gute daran ist, Hunde verstecken ihre Gefühle nicht. Sie lügen nicht. Hunde sind bedingungslos ehrlich. Wer ihre Sprache spricht, weiß immer woran er ist. Bevor ein Hund beißt, hat er zahlreiche Warnsignale gegeben. Je nach persönlichen Erfahrungen, zeigen Hunde mehr oder weniger Calming Signals. Umso wichtiger ist es, bereits erste Anzeichen zu beachten. Folgen Sie uns in die Welt der Hundesprache.
Unsere Geschichte beginnt in einem Park ...
1. Die emotionale Ampel steht auf grün:
In der Ferne ist ein freilaufender Hund zu sehen. Die Halterin und ihr Hund auf der Decke registrieren den Neuankömmling. Sie stehen ihm neutral gegenüber. Er ist noch weit entfernt und wird daher auch nicht als Bedrohung wahrgenommen. Doch die Situation ändert sich schnell ...
2. Die Ampel steht weiter auf grün, ABER
Der Hund kommt neugierig näher. Von seinem Halter nichts zu sehen. Der Hund auf der Decke zeigt, dass er kein Interesse an einem Kontakt hat. Er beschwichtigt mit Calming Signals:
- Er setzt sich hin
- Er wendet den Kopf ab
- Er schleckt mit der Zunge über die Schnauze (Er züngelt)
TIPP: Dieses Verhalten loben: "Alles ist gut ..."
3. Alles ist NOCH im grünen Bereich:
Der Hund reagiert nicht, kommt weiter näher. Es hilft nur noch die "Flucht" Calming Signals:
- Die Kehrseite zuwenden: kein Interesse, lass mich in Ruhe
- Das Feld räumen: Schau ich bin keine Bedrohung, ich gehe.
TIPP: Unterstützen Sie Ihren Hund aktiv, geben Sie ihm die Chance weg zu gehen.
4. Situation entschärft: Ampel bleibt auf grün
Grundsätzlich sollte jetzt von Seiten der Hunde alles gesagt und klar sein. Das Gegenüber hat das auch verstanden, jedoch ist die Neugierde und das Interesse stärker. Verstehen heißt nicht akzeptieren. Auch unser Hunde sind ganz unterschiedliche Charaktere.
5. ABER der Rückruf funktioniert nicht ...
Der Hund ist weit weg und interessiert sich viel mehr für den Artgnossen, als für sein Herrl.
Tipp: Ein Rückruf funktioniert nur dann, wenn Sie die Aufmerksamkeit Ihres Hundes haben UND er lieber zu Ihnen zurück kommt, als seiner Wege zu gehen. DAHER: Einen Hund, der herkommt, immer loben, niemals schimpfen, auch wenn er sehr lange dafür gebraucht hat!
6. Die emotionale Ampel springt auf gelb ...
Der frei laufende Hund nimmt die Verfolgung auf und ignoriert sämtliche Calming Signals. Jetzt wird es unangenehm. Bedrängte Hunde flüchten oft in Ersatzhandlungen. Sie springen herum, beissen in die Leine oder ins Gras. Sie zeigen ein Verhalten wie im Welpenalter, klemmen ihre Rute zwischen die Beine etc.
7. Die Ampel zeigt dunkelgelb
Wenn alles nichts nützt: der bedrängte Hund friert ein, stellt die Nackenhaare auf und knurrt. Seine Körpersprache sendet klare Drohsignale.
Nachdem alle Beschwichtigungs Signale ignoriert wurden, wird der bedrängte Hund nun deutlicher. Er droht. Wenn jetzt keiner einschreitet, bzw. sich der andere Hund nicht zurück zieht ...
8. Die Ampel ist kurz davor auf rot umzuspringen
Das Gegenüber will sich nicht vertreiben lassen. Jetzt wäre es hoch an der Zeit einzuschreiten.
Noch sind es Drohgebärden: Die Kontrahenten stehen einander gegenüber, die Nackenhaare aufgerichtet, die Zähne werden gezeigt und gefletscht, lautes Knurren begleitet die Signale.
9. Die emotionale Ampel springt auf rot
Die Haltung der beiden Hunde nimmt an Bedrohlichkeit zu. Die Kontrahenten schnappen noch in die Luft.
Aus der Drohung wird Ernst. Alle Anzeichen stehen auf Kampf. Die Frau hat keine Chance Ihren Hund zu schützen oder die Situation zu entschärfen, zu deeskalieren.
10. Der Kampf eskaliert
Aus Luftschnappen wird Schnappen. Die Hunde versuchen einander in die Seiten zu zwicken. Noch bleibt es bei oberflächlichen Angriffen. Die zu keinen Verletzungen führen.
Im besten Fall gibt der frei laufende Hund auf und zieht sich zurück. Geht es weiter, kommt es zu Verletzungen, erst oberflächlich, dann schwer.
11. Aus dem Schaukampf wird Ernst
Auch jetzt beissen die Hunde noch nicht mit voller Kraft zu. Erst in letzter Konsequenz kommt es in der Endphase des Kampfes zu schweren Verletzungen.
Noch bleibt es bei Hautverletzungen und Blutergüssen. Können die Hunde jetzt nicht getrennt werden, sind schwere Bissverletzungen, blutende Wunden die Folge.
12. Bevor die Situation endgültig eskaliert
In diesem Fall konnten die Hunde noch getrennt werden. Tiefe blutende Wunden und schwere Verletzungen sind den Hunden erspart geblieben.
Die emotionalen Auswirkungen sind jedoch bleibende. Die Calming Signals wurden ignoriert. Das wird Auswirkungen auf das zukünftige Verhalten bei Hundebegegnungen haben.
13. Der Kampf ist vorbei, aber ...
Jeder Kampf wirkt sich auf das zukünftige Verhalten Ihres Hundes aus. Es ist ein zentraler Erfahrungswert. Die Auswirkungen auf die Hundeseele und sein Verhältnis zu ArtgenossInnen sollten keinesfalls ingnoriert werden. Wir empfehlen jeden Beissvorfall mit einer erfahrenen Hundetrainerin zu analysieren und ein Trainingsprogramm zur Aufarbeitung zu starten.
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