Kastration beim Hund: Notwendigkeit oder überflüssige Operation?

Folgen können auch Übergewicht, Inkontinenz, Demenz sein.
(c) JackieLou DL auf Pixabay
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Übergewicht, Inkontinenz, Demenz - news 14/01/21

  • Die Kastration oder Sterilisation soll eine unerwünschte Fortpflanzung verhindern
  • Eine Kastration aus medizinischen Gründen entspricht dem Tierschutzgesetz 
  • Eine Kastration erfolgt manchmal aus Bequemlichkeit, um das Zusammenleben mit dem Hund zu vereinfachen
  • Oft erhöht eine Kastration das Risiko für andere Erkrankungen

Die Kastration ist eigentlich ein Routineeingriff, der bei jedem Hund, der nicht zur Zucht eingesetzt wird, durchgeführt werden sollte. Oder etwa doch nicht? Sollte eine Kastration nicht nur aus medizinischen Gründen erfolgen? Hat die Operation vielleicht Auswirkungen, die vor der Entscheidung nicht in Betracht gezogen wurden?

1. Der Unterschied zwischen Sterilisation und Kastration:

  1. Bei einer Sterilisation werden die Eileiter beziehungsweise die Samenleiter durchtrennt. Eierstöcke und Hoden werden nicht entfernt.
  2. Bei einer Kastration werden die Geschlechtsdrüsen vollständig entfernt. Die Eierstöcke, die Gebärmutter oder die Hoden werden bei der Operation entnommen.

Bei Hunden wird immer eine Kastration durchgeführt, da eine Sterilisation nicht die erwünschten Auswirkungen hat. Bei sterilisierten Hündinnen würde weiter eine Läufigkeit auftreten. Eine Gravidität ist allerdings nicht mehr möglich. Hormonell bedingte Krankheiten und Verhaltensweisen bleiben bestehen.

2. Der beste Zeitpunkt für eine Kastration:

  • Hündin: 12 bis 24 Monate
  • Rüde: 12 bis 24 Monate

Die Operation sollte immer erst nach dem Ende der Pubertät durchgeführt werden. Nur so können die Veränderungen im Körper und im Gehirn von Ihrem Hund vollständig abgeschlossen werden. Nach der Pubertät treten bei den Hunden nicht mehr so häufig Stimmungsschwankungen auf, das rationale Problemlösungsverhalten ist ausgereift.

3. Wann sollte unbedingt eine Kastration durchgeführt werden:

  • Pyometra: Eiteransammlung in der Gebärmutter
  • Eierstockzysten: durch eine zu hohe Produktion von Östrogen (ovarielle Imbalance Typ I)
  • Das Gewebe der Scheide schwillt sehr stark an. Durch die Hyperplasie können sich leichter Bakterien ansiedeln
  • Starke Scheinträchtigkeit nach der Läufigkeit
  • Mammatumore
  • Vaginalprolaps: die Schleimhaut der Vagina fällt nach außen vor
  • Diabetes mellitus: ein zu hoher Östrogengehalt verhindert die korrekte Wirkung der Medikamente
  • Orchitis: Hodenentzündung
  • Tumore der Hoden
  • Perianaltumore
  • Perinealhernie
  • Prostatatumore
  • Kryptorchismus

4. Wie eine Kastration durchgeführt wird: 

Rüde: Vor dem Hodensack wird ein Hautschnitt gesetzt. Die Hoden und Nebenhoden werden vorverlagert, abgebunden und durchtrennt. Die Hautwunde wird mit Nähten verschlossen.

Hündin: Hier ist eine Öffnung des Bauchraums erforderlich. Die Muskulatur wird in der Medianlinie durchtrennt. Die Gefäße der Eierstöcke werden abgebunden, die Eierstöcke vorverlagert. Nach der Durchtrennung der Bänder wird die Gebärmutter kurz vor der Zervix abgebunden und durchtrennt.
Die Operation kann auch ohne Öffnung des Bauchraum mit einem Endoskop erfolgen.

5. Alternative zu einer operativen Kastration:

Diese Möglichkeit besteht nur für Rüden. Auf Höhe des Halses wird ein Chip mit einem Hormonimplantat eingesetzt. Die Produktion von Testosteron wird dadurch für sechs bis zwölf Monate verringert.

Diese Form der Kastration darf nicht bei noch nicht ausgewachsenen Hunden durchgeführt werden. Durch das Implantat verknöchert die Wachstumsfuge zu früh. Bewegungsstörungen treten auf.

6. Verändern sich die Hunde nach einer Kastration?

Die Kastration kann das Wesen, den Körper und die Gesundheit Ihres Hundes verändern.

  • Übergewicht: Der Stoffwechsel kastrierter Hunde läuft langsamer ab. Deshalb muss die Ernährung umgestellt werden. Fette und Energie im Futter werden verringert, der Anteil der Ballaststoffe erhöht. 
  • Ein Bewegungsprogramm fördert die Fitness Ihres Hundes und verhindert Übergewicht
  • Training: Durch die Kastration kann die Hirnfunktion Ihres Hundes eingeschränkt sein. Er reagiert empfindlicher auf Stress. Demenz kann früher auftreten

Die Kastration kann nur hormonell bedingtes Verhalten beeinflussen. Andere Verhaltensprobleme bleiben bestehen. Bei Verhaltensauffälligkeiten sollten Sie daher immer Kontakt mit einer HundetrainerIn aufnehmen. (pettrainers auf petdoctors.at)

7. Welche Probleme nach einer Kastration auftreten können:

  • Inkontinenz: Die Blase senkt sich, der Schließmuskel der Blase funktioniert nicht mehr richtig. Während des Schlafs oder im Liegen kommt es zu einem unkontrollierten Harnverlust. Besonders gefährdet sind: Hündinnen mit einem Gewicht über 20 Kilogramm, Boxer, Dobermann, Riesenschnauzer, Rottweiler
  • Fellprobleme: Die Unterwolle wächst stärker. Das Fell erinnert an ein Welpenfell. Da die Talgdrüsen nicht mehr durch das Testosteron angeregt werden, wird das Fell flauschig und stumpf. Häufig tritt Fellverlust im Bereich der Flanken auf. Besonders betroffen sind Cocker Spaniel, Irish Setter und Dackel
  • Übergewicht
  • Tumore: das Risiko für die Bildung von Perianaltumoren und Prostatatumoren ist erhöht. Ebenso steigt das Risiko für Tumore in der Milz, dem Herzen oder der Knochen
  • Schäden an den Gelenken: wird ein Hund zu früh kastriert, steigt das Risiko für Fehlbildungen der Gelenke
  • Kreuzbandriss: Ohne Testosteron wird das Bindegewebe schwächer, Muskeln bauen sich schneller ab. 
  • Demenz: Im Alter lagern sich schädliche Proteine im Gehirn und an den Nerven ab. Die Ablagerung wird bei nicht kastrierten Hunden durch Östrogen teilweise verhindert. Bei Rüden wird Testosteron im Gehirn in Östrogen umgebaut. Fehlt die Schutzfunktion, wird Ihr Hund im Alter orientierungslos, nervös und vergesslich.

8. Rechtliche Grundlage:

Im deutschen Tierschutzgesetz ist im § 6 Absatz 1 die Kastration von Hunden, die nicht wegen einer medizinischen Indikation erfolgt verboten.

In Österreich ist im Tierschutzgesetz § 7 Punkt 2 festgehalten, dass Kastrationen bei Hunden auch zur Verhütung der Fortpflanzung durchgeführt werden dürfen.

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