Leben mit einem tauben Hund: lautlos glücklich

Hunde können auch ohne Gehörsinn ein glückliches Leben führen
(c) Photo: fremoo1018 auf Pixabay
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Gehörlosigkeit, Ursachen, Diagnose, Verhalten, Unterstützung - News 06/05/20

  • Es gibt 3 Ursachen und Formen von Taubheit 
  • Weiße Hunde und solche mit Merle-Färbung sind häufiger von Taubheit betroffen
  • Fehlendes Gehör wird durch Tasthaare, Geruchsinn und Sehsinn kompensiert
  • Wenn Ihr Hund nicht auf Ihre Stimme reagiert, können Sie selbst einen ersten Test machen
  • Ein tauber Hund hat die gleichen Bedürfnisse wie ein hörender Hund. 

Hunde können vollständig taub, einseitig taub oder schwerhörig sein. Einige Hunde werden bereits taub geboren, andere verlieren den Gehörssinn mit den Jahren. Das fehlende Gehör wird durch die Tasthaare, die Nase und die Augen ersetzt.

Gehörlose Hunde reagieren besonders empfindlich auf die Mimik und Gesten des Halters. Sie sind, anders als blinde Hunde, in der Kommunikation mit Artgenossen durch Körpersprache nicht eingeschränkt.

  1. Taube Hunde reagieren empfindlicher auf Berührungen
  2. Taube Hunde sind in der Kommunikation mit anderen Hunden kaum eingeschränkt
  3. Taube Hunde können Handsignale verstehen

1. Welche Formen von Taubheit es gibt und welche Ursachen

1.1 Alterstaubheit: 

Ab dem neunten Lebensjahr tritt ein langsamer Verlust des Gehörsinnes auf.

  • Ohrschmalz wird verstärkt gebildet. Der Gehörgang wird durch den Talg verstopft.
  • Tumore im äußeren Gehörgang
  • Verknöcherungen des Innenohrs
  • Verlust der Sinneshaare im Innenohr und Rückbildung der Gehörzellen
  • Hörsturz nach einer Narkose

1.2 Konduktiver Verlust des Gehörs

Der Schall kann nicht an das Innenohr weitergeleitet werden.

  • Verletzungen des äußeren Gehörganges
  • Verletzungen des Trommelfells
  • Otitis externa (Entzündung des äußeren Gehörganges)
  • Parasitenbefall: Ohrmilben verstopfen den äußeren Gehörgang
  • Tumore
  • Medikamente: der Gehörssinn wird durch ototoxische Medikamente (Gentamycin) geschädigt

1.3 Sensoneuraler Verlust des Gehörs

Das Innenohr kann die Schallwellen nicht aufnehmen und über den Hörnerv an das Gehirn weiterleiten.

  • Genetisch: die Melanozyten (Pigmentzellen) können sich nicht im Innenohr ansiedeln. Die Sinneshärchen verkümmern. Die Welpen verlieren zwischen der sechsten und achten Lebenswoche ihr Gehör. Diese Form der Taubheit ist mit einem Farbgen kombiniert. Weiße Hunde und solche mit Merle-Färbung sind häufig von Taubheit betroffen.
  • Der Gehörgang ist nicht ausgebildet.
  • Die Hörnerven sind nicht vollständig ausgebildet.

2. Wie kann eine Diagnose gestellt werden

Wenn Sie bemerken, dass Ihr Hund auf Sprach-Kommandos nicht reagiert, kann dies durch einen Verlust des Gehörs bedingt sein. Eine eindeutige Diagnose wird durch einen Audiometrie-Test gestellt.

2.1 Selbsttest

  • Durch Stampfen auf den Boden oder Klatschen in die Hände können Sie überprüfen, ob Ihr Hund in der Lage ist, Geräusche zu hören.
  • Rufen Sie Ihren Hund, wenn er schläft.
  • Lassen Sie jemanden an der Türe klingeln und beobachten Sie die Reaktion Ihres Hundes. 

Achtung: Der Selbsttest ist nicht zuverlässig, da Ihr Hund auch auf Luftzüge oder Vibrationen des Bodens reagiert. Deshalb sollte die endgültige Diagnose durch einen Tierarzt mithilfe des Audiometrie-Tests gestellt werden.

2.2 Audiometrie-Test BAER (brain stem auditory evoked response)

Ihr Hund erhält eine Narkose, damit das Ergebnis nicht durch Umgebungsgeräusche verfälscht wird. An seinem Kopf werden Elektroden befestigt, die die Gehirnwellen aufzeichnen. Über Ohrstöpsel werden Klick-Geräusche in die Ohren Ihres Vierbeiners geleitet.

Die Untersuchung ist nicht abhängig von der Frequenz der Geräusche. Es ist daher nicht möglich, den Verlust des Gehörs nach Dezibel aufzuschlüsseln. Der Test bestätigt nur, ob das Hörvermögen vorhanden ist oder nicht.

Ergebnis: Bei gesunden Hunden sind sechs deutliche Wellen messbar. Diese werden durch die elektrischen Aktivitäten, die die Schallwellen auf dem Trommelfell, in der Hörschnecke, dem Hörnerv, dem Hirnstamm, der Hörrinde und dem Hörzentrum ausgelöst. Bei tauben Hunden ist kein Ausschlag messbar.

3. Kommunikation mit einem tauben Hund

Für die Kommunikation werden vor allem sichtbare Handzeichen eingesetzt. Um die Aufmerksamkeit des Hundes auf den Halter zu lenken, kann ein Vibrationshalsband verwendet werden.

Achtung: Vibrationshalsbänder dürfen  Tierschutzgründen UND nach dem Tierschutzgesetz NICHT mit einem elektrischen Schock oder dem Ausstoß von Flüssigkeiten mit ätherischen Ölen verbunden sein. Das ist Tierquälerei!

4. Wie Sie Ihren schlafenden, gehörlosen Hund wecken.

Schläft Ihr Hund, knieen Sie sich neben ihn auf den Boden. Blasen Sie den Hund sanft im Bereich der Ohren an. Er wird durch den Luftzug aufwachen und Ihre Anwesenheit wahrnehmen, ohne zu erschrecken.

Da gehörlose Hunde meistens eine besonders enge Beziehung zu Ihren den HalterInnen haben, stellen sie häufigen Augenkontakt her. Bestätigen Sie in der Konditionierungsphase jeden Blickkontakt mit einem Leckerchen oder einer anderen Belohnung. Sobald der Blickkontakt funktioniert, können Sie mit dem Üben der Handzeichen beginnen.

Mögliche Sichtzeichen:

  • Sitz: Hochstrecken des Zeigefingers

  • Bleib: Hochstrecken der ganzen Hand

  • Platz: Die ausgestreckte Hand wird waagrecht gehalten

  • Hier: die Arme werden über den Kopf gestreckt (Hin und her bewegen - Hunde sind Bewegungsseher)

Es wird empfohlen, mit allen Hunden Sprach- und Sichtsignale zu üben, da Taubheit auch im späteren Alter auftreten kann.

Alle Sichtzeichen müssen auch aus größerer Entfernung gut erkennbar sein. Nach jeder ausgeführten Übung sollte Ihr Vierbeiner eine Belohnung erhalten. Damit bestärken Sie sein Verhalten positiv. Jedes erwünschte Verhalten wird mit einer Belohnung verbunden. Das kann ein Leckerchen oder auch ein Lieblingsspielzeug sein. So wird Ihr Hund dieses Verhalten gerne wiederholen und anbeiten.)

Wir empfehlen der Aufbau des Trainings mit einer versierte Hundetrainerin, die auf diesem Gebiet schon Erfahrung hat bzw. auf Hunde mit Handicap spezialisiert ist. Denn es ist viel schwerer, Eingelerntes, das nicht funktioniert, wieder zu "verlernen" als das Signal von Anfang an richtig  aufzubauen. 

Für den Rückruf sollten Sie Ihren Hund immer mit Geschirr und Schleppleine trainieren. Ein Ableinen ist erst möglich, wenn das Rückruf-Signal problemlos und immer funktioniert.

Führen Sie Ihren Hund im Straßenverkehr immer an der Leine. Der Straßenverkehr stellt für Hunde mit einem Handicap eine besondere Gefahr dar. Die Geräusche der fahrenden Autos können nicht wahrgenommen werden. Vor allem die Geschwindigkeit der Autos kann noch schlechter eingeschätzt werden. 

5. Kommunikation mit anderen Hunden

Obwohl die Kommunikation mit anderen Hunden eigentlich gut funktioniert, fehlt die Lautsprache. Knurren wird nicht wahrgenommen. Ihr gehörloser Hund kann auch erschrecken, wenn sich plötzlich ein unbekannter Artgenosse von hinten nähert.

Achten Sie immer darauf, dass die Toleranz der Hunde bei Begegnungen nicht überreizt wird.

Ist Ihr Hund unsicher, können Sie eine gelbe Schleife oder ein gelbes Halstuch verwenden. Dadurch wird signalisiert: „Ich brauche etwas mehr Abstand“. Mehr dazu auf:  Facebook Gelber Hund Austria  www.gulahund.de

Auch wenn es schwierig ist, einen gehörlosen Hund während des Spiels mit Artgenossen abzurufen, sollten Sie ihm die Sozialkontakte keinesfalls verweigern. Diese sind für ein glückliches Hundeleben wichtig. Versuchen Sie einen Partnerhund zu finden, an dem sich Ihr Vierbeiner während des Spiels orientieren kann. Trainieren Sie mit beiden Hunden den Rückruf.

Das Zusammenleben mit einem gehörlosen Hund unterscheidet sich kaum von seinen Artgenossen ohne Handicap. Es ist ohne großen zusätzlichen Aufwand möglich. Behandeln Sie Ihren Hund rücksichtsvoll, aber bemitleiden Sie ihn nicht. Ein tauber Hund hat die gleichen Bedürfnisse wie ein hörender Hund. Er ist ebenso liebenswert und ein Freund für Ihr Leben. 

Wenn Sie sich mit anderen austauschen möchten und nach weiteren Tipps suchen, empfehlen wir Ihnen einen Besuch auf  www.behinderter-Hund.at

 

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